Klack-Klack…
so ungefähr klingt mein bisher genauestes Messgerät für elektrische Spannungen, wenn daran der Wählknopf für die Bereichswahl von Hand gedreht wird. Seit vielen Jahren fristet das schwarze Kästchen sein Dasein bei mir im Keller, in letzter Zeit aber auch auf meinem Schreibtisch. Ohne solch ein Multimeter braucht man bekanntlich gar nicht erst anfangen, irgendetwas zusammenzulöten, das hinterher funktionieren soll. Da kann das Projekt noch so einfach sein, die Fehler sind wahrscheinlich und quasi unvermeidbar.
Sein Vorgänger war noch gelb und fiel irgendwann meiner Neugierde über sein Innenleben zum Opfer. Zu meiner Überraschung gibt es dieses Teil noch immer zu kaufen und zwar zu einem Preis, der etwa zwei kleinen Runden Espresso für die Kollegen in der Mittagspause entspricht. Erstaunlich. Aber gar nicht schlecht und für die allermeisten Hobbylötereien absolut ausreichend. Bisher konnte ich damit alle selbstgebauten Fehler finden, würde mich aber niemals trauen, die Messfühler an 1000V zu halten und ich wüßte auch nicht, wozu. Angeblich kann das das Gerät. Vielleicht aber auch nur ein einziges Mal. Ich werde es nicht ausprobieren. Dafür gibts Fachleute, die Spaß an sowas haben und dafür auch die passende Ausrüstung sowie das notwendige Fachwissen. Mir dagegen sind Spannungen sympathisch, solange ich mit den Fingern noch dranlangen kann, ohne etwas zu spüren. So bis 5V Gleichspannung ist das für mich also völlig okay. Vielleicht auch 6V.
9V-Blockbatterien sind mir schon suspekt. Und deswegen hab ich auch nie mit der Zunge dran geschleckt.
genauer und mehr
Für ein aktuelles Loggerprojekt zum Entladen von Batterien wünschte ich mir dann aber doch eine etwas professionellere Möglichkeit, Spannungen und Widerstand zu bestimmen. Das betrifft einerseits natürlich die Genauigkeit und ein gewisses Maß an Verlässlichkeit. Auf der anderen Seite sollte es aber auch darum gehen, nun ja, stilvoller zu messen. Angenehmer und mit mehr Spaß. Komfortabler halt. Das Klack-Klack hat mich schon immer gestört und wegen den widerspenstigen Kabel der wirklich spitzen Meßspitzen mußte ich stets ziemlich aufpassen, mir letztere nicht in die Finger zu stechen. Was durchaus passiert ist. So also grob umrissen, meine Auswahlkriterien für was Neues.
Auswahl
Die Auswahl geschah wie so oft, auch diesmal in der Reihenfolge abendelanges Videoschauen, Katalogewälzen und Rezessionenlesen, gefolgt von Tagen der Gewissensbisse ob der zu überweisenden Taler, Verwerfen des Vorhabens, erneutes Abwägen und dann ein spontaner Bauchmoment, als eines der begehrten Objekte in gebrauchter Form zur Veräußerung bereitstand. Was die Gewissensbisse etwas kleiner werden ließ, auch wenn Zweifel blieben, ob das Gerät unbekannten Alters überhaupt noch den Begriff Genauigkeit im Vokabular führt. Im Namen schon: Fluke 179.
Nein, es war erst gar nicht mein absoluter Favorit, was das Aussehen angeht. Ohnehin viel zu teuer im direkten Vergleich von Neupreisen aber wie immer kommt es natürlich darauf an, was verglichen wird. Man bekommt nunmal nicht das Beste fürs kleinste Geld, dessen bin ich mir bewußt. Gebraucht wars dann okay, kein Superschnäppchen, aber okay. Und für meine Zwecke völlig übertrieben zu gut.
„Naja, äh, ich dachte mir: „Pfeif‘ drauf“!“
(Dr. Emmett „Doc“ Brown – Zurück in die Zukunft I, 1985)
Die technischen Spezifikationen zu den einzelnen Messfunktionen sind für den Hausgebrauch durchaus beeindruckend. Ob das jemals auch herausgekitzelt werden kann muss, wird sich zeigen. Aber es ist schön zu wissen, was theoretisch geht.
Was war mir wichtig?
Eine Grundgenauigkeit von 0,5% hätte ich für angebracht gehalten und eine Anzeige mit 4000 Digits sollte es schon sein. Ansonsten sollte es in der Lage sein, auch kleinere Ströme recht genau messen zu können und natürlich Widerstände. Autohold-Funktion und gute Sicherungen für den Fall der Fälle sowie eine schnelle Reaktion bei Durchgangsprüfungen. Eine ruhige, nicht nervöse Anzeige wäre prima und eine schnelle Balkenanzeige wollte ich ebenso.
Frequenzbestimmung, Wechselspannungen, Wechselstrom, Temperatur? Geschenkt! Nice to have und zum Teil auch gar nicht vermeidbar. Mit einem Fluke 177 hatte ich dann sehr wohl geliebäugelt. Dass es das Fluke 179 wurde ist dem Zufall zu verdanken. Meine Auswahlkriterien an die technischen Spezifikationen erfüllt das Fluke 179 somit locker. Es ist, zumindest auf dem Papier, viel besser. Passt.
Das wäre die eine Sache.
Daneben ist es allein schon die blanke Freude, das Fluke 179 in der Hand zu halten und zu bedienen. Sowas steht nicht auf dem Papier. Kein Vergleich zum bisherigen Gerät. Gut – da liegen Welten dazwischen, aber genau das soll ja auch so sein. Perfekte Haptik. Vor allem der Wahlknopf. Flupp-Flupp. Kein Klack-Klack mehr. Herrlich. Ungefähr so, wie der Unterschied bei Autotüren, bei denen die eine Pleng macht und die andere Poff. Und wunderbar versenkt eingebaut mit handschmeichlerischen Rundungen. Solche Eigenschaften kann man kaum in Übersichtstabellen packen. Ein gutes Gefühl, offensichtlich die richtige Entscheidung allein schon deswegen getroffen zu haben.
Messen
Viel gibt es für das neue Multimeter die Tage noch nicht zu tun. Eher nur Ausprobieren und ein wenig als Fotomodell parat stehen. Aber was kann es wirklich? Wie gut ist es noch? Hab ich mir eine weggedriftete Gurke ohne Garantie geschossen oder hält die gelbe Gummiummantelung, was ich glaube, das sie verspricht? Nämlich Qualität auf lange Zeit. Einige harmlose Gebrauchsspuren sind erkennbar aber offensichtlich ist nichts beschädigt. Ich habe keinen Schimmer, wie alt das Gerät ist. Was also tun? Messen!
Ein netter Kollege, Vollblutelektroniker seines Zeichens, war so freundlich und zauberte in einer Arbeitspause eine Kalibrierquelle aus der Schublade („DIGISTANT Typ 4405“, Fa. burster). Hammer. Was es alles gibt! Für die meisten Menschen mag da nichts Besonderes dran sein, eben mal 1V einstellen und ausgeben zu können. Ich finde, es hat schon was, wenn man weiß, dass es tatsächlich 1,000V sind und das mit sehr kleiner Unschärfe.
Ein paar mehr oder weniger willkürlich gewählte Werte haben wir im Bereich -10V bis +10V eingestellt. Die von meinem neuen alten Messgerät angezeigten Werte habe ich auf einen Zettel gekritzelt und hier dargestellt. Das Ergebnis läßt mich mit einem breiten Lächeln zurücklehnen. Alles richtig gemacht.
Für den Moment reicht mir das. Andere Messgrößen (Strom, Widerstand) werden bei einer anderen Gelegenheit mal überprüft.
Überraschung
Eine direkte Vergleichsmessung zwischen dem neuen und dem alten Messgerät an einer herumliegenden Mignonzelle brachte dann doch ein für mich überraschendes Ergebnis: Identische Messwerte bis zur dritten Dezimalstelle!
Wie ich schon sagte: gar nicht so schlecht, das alte!
Man gönnt sich ja sonst nix 😉